Warum ich keine Koalition mit der AFD will

Spiegel Online berichtet heute über das Umfrageergebnis von Zukunftsachsen.org zur Ablehnung einer Koalition mit der AFD. Darin werde ich mit den Worten zitiert, dass ich aus der CDU austreten werde, sollte es entgegen der aktuellen Beteuerungen zu einer Zusammenarbeit mit der AFD kommen. Stimmt, werde ich. Allerdings erwarte ich nicht, dass ich diesen drastischen Schritt gehen muss. Wir bieten ein frisches Programm für Sachsen mit vielen Ideen zur Zukunft unseres Landes. Unsere Partei verändert sich. Wir haben verstanden, dass ein Weiter-wie-immer-Durchwursteln nicht mehr funktioniert. Aktuelle Themen wie Klimaschutz, Bildung und Pflege rücken wieder in den Vordergrund. Wir nehmen die Wünsche der Menschen auf und finden gemeinsam konstruktive Antworten.

Wenn das Wahlergebnis es zulässt, wäre eine Kenia-Koalition aus CDU, Grünen und SPD eine Variante, mit der ich gut leben kann (auch wenn davor harte Verhandlungen stehen…). Die Argumentation der Organisatoren von zukunftsachsen.org ist nachvollziehbar und realistisch. Demokratie wird getragen von Kompromissen und einem Miteinander der Wertschätzung und Anerkennung. Dafür setze ich mich ein.

Das zweite Zitat im SPIEGEL-Artikel ist leider nicht selbsterklärend. Was ich mit den »Methoden der Nationalsozialisten« meine, erschließt sich nur im Zusammenhang. Deshalb hier für alle zum Nachlesen mein Antwortschreiben im vollen Wortlaut:

Lieber Herr Kodytek, liebe Mitstreiter von zukunftsachsen.org,

vielen Dank für Ihr Schreiben und Ihre Bemühungen, eine Regierungsbeteiligung der AFD in Sachsen zu verhindern.

Ich stelle mich uneingeschränkt hinter die Aussage unseres Ministerpräsidenten Michael Kretschmer keine Koalition oder sonstige Zusammenarbeit mit der AFD einzugehen. Sollten Teile der CDU nach der Wahl einknicken und doch eine Zusammenarbeit mit der AFD anstreben, werde ich aus der Partei austreten – unabhängig davon, ob ich gewählt worden bin oder nicht.

Wie ich zu dieser Entscheidung gekommen bin? Ganz einfach – ich habe mir mehrere Veranstaltungen der AFD angeschaut, habe das Wahlprogramm und ihre Positionspapiere gelesen und Reden ihrer Führungskräfte angehört. Meine Erkenntnis: Die Partei vergrämt und verstößt gerade konsequent Mitglieder, die eine gemäßigte und konstruktive Politik rechts der CDU vertreten. Sie sortieren die aus, die versuchen, tatsächlich eine alternative Politik zu den Programmen der Regierungsparteien umzusetzen. Was übrig bleibt, vertritt zunehmend radikale Ansichten, die nur auf Protest aus sind, ohne konstruktive, tatsächlich umsetzbare Vorschläge zu machen. Teile der AFD tun so, als stünde Sachsen direkt vor dem Abgrund, als wäre alle Entwicklung seit der Wende nur Schall und Rauch. Sie schüren Ängste und Zukunftssorgen, statt Ideen zu entwickeln. Eigene Fehler – wie beim Einreichen der Landesliste – werden den anderen zugeschrieben, den »Altparteien«.

Nein, nicht alle AFD-Mitglieder oder ihre Sympathisanten sind Nazis. Aber es sind zu viele dabei, die mit den Methoden der Nationalsozialisten arbeiten, ihre Rhetorik kopieren, ihre Methoden anwenden. Ich habe kürzlich das beeindruckende Theaterstück »Annes Kampf – Anne Frank vs. Adolf Hitler« auf dem Friedensfest in Ostritz gesehen. Ich war tief betroffen und erschüttert, in den vorgetragenen Zeilen aus »Mein Kampf« die gleichen Strategien zu erkennen, die Teile der AFD anwenden: Klares Feindbild schaffen und alle »Gegner« in einen Topf werfen – heute läuft das wohl unter dem Stichwort »linksgrün-versifft«. Einzelne Bevölkerungsgruppen werden bewusst so hingestellt, als wären sie alle Verbrecher und nur darauf aus, das Deutsche oder die Deutschen zu vernichten – bei Hitler waren es die Juden, jetzt müssen Muslime und Migranten für den gleichen Zweck herhalten. Aussagen der Presse werden pauschal als Lügen diffamiert, das Volk werde angeblich von vorn bis hinten belogen. Die Thesen der AFD im Gegenzug sind die Wahrheit, nichts als die Wahrheit und nicht anzuzweifeln – gruselig… Am meisten ärgert mich, dass die AFD sich ständig als Opfer darstellt, gedemütigt und gemobbt von allen, unverstanden , dabei wollen sie doch nur das Beste…

Die AFD vermengt bewusst Kommunal- Landes- und Bundespolitik und vermittelt den Eindruck, dass sie viele Probleme lösen könnte, wenn sie erst in Sachsen regieren würde. Leider hinterfragen die Wähler das bisher nicht. Überhaupt habe ich den Eindruck, dass im Wahlkampf Fakten, Argumente und Ziele keine große Rolle spielen – zumindest scheinen sich die Wähler nicht dafür zu interessieren. Ich hoffe, dass es uns in den verbleibenden Wochen noch gemeinsam gelingt, die Stimmung zu drehen und die Menschen ins Nachdenken zu bringen. Ich wünsche uns allen eine gute Resonanz auf die Aktion Klarheit schaffen und danke Ihnen für Ihr Engagement!

Mit besten Grüßen aus der Oberlausitz,
Ihr Matthias Reuter

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